01.08.2023

Im Gespräch mit Michael Kugel

Michael Kugel, Berater und Coach, Kassel

Was macht das Thema Wein für Sie besonders? Woher kommt Ihre Faszination für dieses Thema?

Mit nur 26 Jahren habe ich mich selbstständig gemacht und einen Weingroßhandel übernommen. Zunächst ging es nur ums Geschäft. Marketing und Zielgruppen standen im Fokus, der Wein war lediglich eine Ware. Erst später, mit den Reisen in die unterschiedlichsten Regionen hat sich etwas bei mir verändert. Die Kulturlandschaften, das besondere Klima, die Speisen dieser Regionen und natürlich die Menschen, die hinter den Weinen stehen, haben mir gezeigt, dass alles zusammengehört. Jede Region, jeder Wein, jeder Erzeuger hat eine individuelle Geschichte. Ich denke, es ist die Kraft der Emotionen, die mich heute noch sehr berührt - ja fasziniert.

Welcher ist Ihr europäischer Lieblingswein?

Ich tu mich sehr schwer mit einem „Lieblingswein“. Ich bin nicht festgelegt auf eine Sorte. Ich sage seit 30 Jahren, dass ein Menschenleben nicht ausreicht, um alles zu probieren. Deshalb probiere ich gerne das, was ich noch nicht kenne. Mein „Liebling“ ist dann der Wein, über den ich mit Leidenschaft und Begeisterung anderen Menschen etwas erzählen kann. Auch ein Wein, der mich gerade überrascht. Das kann eine Entdeckung auf einer Weinreise sein oder der Anlass und die Gesellschaft, in der ich Wein genieße. Offensichtlich brauche ich den Austausch, denn wenn ich alleine bin, trinke ich keinen Wein.

Bei der Vielzahl an europäischen Weinanbaugebieten – haben Sie einen Favoriten/Liebling?

Auch hier gehts mir ähnlich wie beim „Lieblingswein“. Ich möchte viel ausprobieren. Es gibt jedoch ein paar wenige Regionen, auf die ich dann zurückgreife, wenn es nicht ums Kennenlernen geht, sondern wenn ich z. B. für eine Feier etwas aussuchen muss. Bei Schaumwein ist es die Loire, beim Rotwein gerne das Rhône Tal, die Weißen kommen dann meist aus Norditalien. Konkreter werde ich jetzt nicht ;-)

Welche Weinanbauregion in Europa ist für Sie aktuell noch ein Geheimtipp/ist im Kommen?

Ich war letztes Jahr in Kroatien (nicht am Meer, sondern in Zagreb und Umgebung) und habe dort etliche Weine mit Begeisterung probiert und kennengelernt. Das könnte in der Tat ein Geheimtipp sein. Auch bei einer Fachstudienreise durch die Schweiz habe ich mehrere „Geheimtipps“ im Glas gehabt, leider kann man viele nicht kaufen, weil es zu wenig davon gibt. In diesem Jahr plane ich eine Weinreise nach Georgien und bin schon sehr gespannt. Mal sehen, was ich dort entdecken werde. Im Nordwesten Polens (südlich von Stettin) hat mich ein Bio-Riesling überrascht. Ich bin sehr interessiert, was im „kühlen Norden“ passiert. Die Klimaveränderung und neue Rebzüchtungen machen es möglich, dass Weinbau auch in Regionen möglich werden wird, an die bislang kaum jemand denkt. Stichwort Piwi-Sorten: Hier würde ich mir wünschen, dass diese im Kommen sind.

Sie coachen Mitarbeitende aus Hotellerie und Handel rund um das Thema Wein aber auch im Hinblick auf Themen wie „Guten Umgang mit Kunden/Gästen“ sowie „Wertschätzende Kommunikation“: Welcher Themenbereich ist denn dabei aktuell besonders gefragt?

Guter Umgang und wertschätzende Kommunikation, vor allem im geschäftlichen Bereich mit Kunden und Mitarbeitern, ist nie aus der Mode gekommen. Es wird nur nicht mehr überall automatisch gelebt. Mein Thema ist seit 10 Jahren die „Gastfreundschaft“. Hierbei geht es um die Haltung, die wir einnehmen, wenn wir freiwillig in die Gastgeber-Rolle schlüpfen. Wenn Gastgebende in ihren Kunden „Gäste“ sehen, läuft das zwischenmenschliche Miteinander stets wertschätzend und im Umgang mit „Gästen“ passieren keine Fehler. Diese Haltung steckt im Grunde in jeder Persönlichkeit. Meine Aufgabe als Trainer ist es, diese sichtbar zu machen, herauszuarbeiten und für jeden praktikable Verhaltensformen zu erarbeiten, die wiederum am Arbeitsplatz angewandt werden. Wer sich darauf einlässt, hat sofort Erfolg.

Sie sind Beirat der EUROVINO, die 2024 erstmals stattfindet: Warum ist die EUROVINO als neues Messeformat wichtig/relevant?

„Zeitenwende“, dieses Wort hält nun seit Monaten in vielen Bereichen Einzug. Ich glaube, die Zeit der „Nabelschau“ geht allmählich zu Ende. Ein „Weiter so“ wird es nicht geben können. Größer, billiger, mehr von allem sind nicht die überzeugenden Antworten auf drängende Fragen.

Der Messestandort Karlsruhe mit der neuen EUROVINO wird mit seinem Konzept das Produkt und den Austausch darüber in den Mittelpunkt stellen. Dabei sind Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit kein Widerspruch, sondern „Herz und Seele“ des Ausstellungskonzeptes. Ich denke, Ausstellern wird durch ein faires Preis-/Leistungsverhältnis und eine transparente Kostenstruktur eine Messebeteiligung leicht fallen. Sehr gute Rahmenbedingungen ermöglichen eine flexible Planung. Vielleicht können wir dadurch Winzerbetriebe kennenlernen, die sich bislang noch nie auf einer Messe präsentiert haben.

Die klare und offene Kommunikation wird auch den Besuchenden helfen, dass die Ausstellung zum Treffpunkt wird, mit kurzen Wegen überschaubar bleibt, dass Kontakte leichter geknüpft werden und befriedigendere Antworten auf die aktuellen Fragen in der Weinwelt mitgenommen werden können.

Auf was freuen Sie sich im Hinblick auf die EUROVINO 2024 besonders?

Nachhaltigkeit ist das nächste große Thema in unserer Gesellschaft. Was hierzu die Weinbranche betrifft, wird auf der EUROVINO sichtbar. Darüber freue ich mich. Ich freue mich aber auch auf Karlsruhe, eine sehr lebenswerte Stadt in Reichweite mehrerer Anbaugebiete. Was mir auch gut gefällt, ist das schöne, moderne Messegelände. Als Mitorganisator des Fair Wine Award freue ich mich natürlich auch sehr, dass wir die Sieger auf der EUROVINO 2024 vorstellen dürfen.

Michael Kugel

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